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Drackenstedt

„Eiserne Kühe” und Tempelritter zeugen von bewegter Vergangenheit

Als am 31. Oktober 1517 Martin Luther seine 95 Thesen an die Tür der Schlosskirche zu Wittenberg nagelte, beendete er mit diesem „Paukenschlag” das Mittelalter. Seine Anschauungen teilte auch Johannes Krull, der bis 1553 in Wittenberg eifrig die Werke des Reformators studierte. Nach seiner Ordination erhielt Krull sofort das Pfarramt in Drackenstedt. Die Gemeindeoberen missachteten die Patronatsrechte und öffneten dem Protestantismus im kleinen Bördedorf die Kirchtore. Gleichzeitig schafften sie die römische Messe ab. Der katholische Amtsträger, der bisher in der Kirche die Messe las, nahm diesen Wandel nicht so gelassen. Er verkaufte vor seinem Auszug kurzerhand den Pfarracker, der bis dato den Lebensunterhalt der Kirchenmänner sicherte. Der neue Pfarrer Johannes Krull im Dorfe Drackenstedt war daher mehrere Jahre auf die Gunst und Unterstützung seiner Gemeinde angewiesen. Als man ihm auch noch die drei verbliebenen „eisernen Kühe” (lebendiges Inventar der Kirche) wegnehmen wollte, setzte er kurzerhand einen zusätzlichen Gottesdienst am Mittwoch an. Dieser Eifer überzeugte und er konnte die Kühe behalten. Nach der Reformation zeigten die Drackenstedter wenig Interesse an der kirchlichen Vergangenheit. Der Ort besaß im Mittelalter ein Marienbild. Es galt als „wunderthätig” und veranlasste die gesamte Umgebung zu Wallfahrten nach Drackenstedt. Mit der Reformation verschwand das Bild aus der Dorfkirche und wurde in der St. Jacobskapelle abgestellt. In alten Aufzeichnungen wird vermutet, dass die Jakobskapelle zu einem Ordenssitz der Tempelritter gehörte. Nach gewaltsamer Zerschlagung des Tempelordens durch König Philipp dem Schönen von Frankreich, verfielen auch die Gebäude des Ordens. Beim Abriss der Kapelle 1750 entdeckte man ein wurmstichiges Marienbild, bei dem vermutet wird, es ist jenes wundertätige. Der Name Drackenstedt taucht im Jahre 1108 in einer Schenkungsurkunde des Erzbischofs Adelgot auf, der seine Güter dem Stift Nicolai zu Magdeburg vermachte. Allerdings erwähnte bereits Otto II. in einer Urkunde den Ort Drikkestedi. Der Name des Ortes bedeutet „Stätte des Dracol” - wahrscheinlich der Name eines Ritters. Daraus entstand die Familie von Drackenstedt, die in unterschiedlichen Zeitdokumenten erwähnt ist. Mit dem 30-jährigen Krieg kam auch fast das Ende des Ortes. Die Soldaten des skrupellosen Heerführers Wallenstein (Albrecht Wenzel Eusebius von Waldstein) plünderten Drackenstedt aus. „Der Krieg ernährt den Krieg” - getreu dieses Wallenstein-Mottos mussten die Bauern für das rohe Kriegsvolk Logis stellen, Lebensmittel liefern und für den Sold aufkommen.
Die heutige evangelische Kirche war ursprünglich den Heiligen Cosmas und Damian geweiht. Sie wurde 1225 von Bischof Konrad dem Stift Unser Lieben Frau in Halberstadt geschenkt und von diesem 1267 dem Kloster St. Nicolai in Magdeburg verkauft. Dieses Kirchenpatronat bestand bis zur Übernahme durch den Preußischen Staat im Jahr 1810. Der Namenswechsel der Kirche auf St. Nicolai hängt mit dem Patronat des Klosters St. Nicolai zusammen. Von der mittelalterlichen Kirche ist der spätromanische Westquerturm (Anfang 13. Jahrhunderts) erhalten; im Untergeschoß ist er tonnengewölbt und erhielt 1893 eine neue Eingangshalle. 1750 wurde das Schiff von Grund auf neu gebaut, was eine Inschrift belegt. Die Ausstattung mit Holztonne, zwei Emporen und hohem Kanzelaltar ist einfach gehalten und entspricht dem „schlichten preußischen Erbauungsstil”. Bei jüngeren Renovierungsarbeiten kamen unter den alten Zeichnungen aus dem 19. Jahrhundert weitere Farben zu tage, die auf einen älteren Ursprung verweisen. Das Eingangsportal ist als „Winterkirche” mit Glasscheiben vom Hauptschiff abgetrennt. Mit Leader-Mitteln erhielt der Kirchturm einen Anputz und ertrahlt seit 2013 in neuem Glanz. Drackenstedt ist heute ein sehenswertes Bördedorf mit mehr als 400 Einwohnern und glänzt mit zahlreichen liebenswert restaurierten Höfen, wie dem „Alten Landgasthof”, der um 1740 errichtet wurde. Zu dem Ortsteil der Gemeinde Eilsleben gehört der südlich liegende Ortsteil Bahnhof Dreileben-Drackenstedt.