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Eilenstedt

Die vergrabene Chorschranke und der älteste Turm der Region

Archäologische Ausgrabungen im Jahre 2010 und 2011 förderten im Schiff der romanischen Dorfkirche von Eilenstedt am Huy während der Sanierung des schwammbefallenen Bodens neben zahlreichen Mörtelbruchstücken Fragmente mittelalterlicher Stuckplastik von bemerkenswerter künstlerischer Qualität zutage. Besonders aufsehenerregend war ein über zwei Meter großer Block aus Stuck, der mit der gestalteten Seite nach unten lag. Nach Art einer Blockbergung gehoben und gewendet, zeigte das schätzungsweise 900 Kilogramm schwere Fundstück auf der Vorderseite das Relief einer Heiligenfigur. Von den über 400 geborgenen Bruchstücken konnten die Archäologen vom Landesmuseum Halle durch Vergleich der Mörtel etwa 50 Stuckfragmente einer einheitlichen plastischen Gestaltungsphase zuordnen. Einige der sehr unterschiedlich erhaltenen Stücke aus Hochbrandgips zeigen figürliche Darstellungen, ornamentale Motive sowie Teile von Architektur. Sie sind stilistisch in die Zeit um 1200 zu datieren. Nach den bisherigen Erkenntnissen der Wissenschaftler stammen die Stuckfragmente von einer Chorschranke mit zwei Durchgängen sowie einer bekrönenden Arkade. Ähnlich aufgebaute Chorschranken finden sich in der Liebfrauenkirche in Halberstadt. Allerdings besteht die Halberstädter Arkade aus Holz. Eine weitere ist in St. Michael in Hildesheim bekannt. Viele Fragen zur Gestalt der Abschrankung bleiben jedoch offen. So konnte bisweilen der Standort nicht ermittelt werden. Ein Fundament, das aufgrund des hohen Gewichts der Schranke erforderlich sein musste, wurde bisher nicht ergraben. Möglicherweise liegen weitere Antworten noch im Chorbereich der Eilenstedter Kirche. Die romanische Stuckplastik stellt eine Besonderheit in der Kulturlandschaft Sachsen-Anhalts dar. Aus der Zeit vom 10. bis zum 13. Jahrhundert wurde hier eine einzigartige Dichte an Kunstwerken aus Stuck entdeckt, darunter das Heilige Grab von Gernrode oder die Chorschranken der Liebfrauenkirche von Halberstadt. Vor allem in der 2. Hälfte des 12. Jahrhundert bis zur Mitte des 13. Jahrhundert ist eine Blüte der Stuckplastik zu verzeichnen – ein Phänomen, welches durch die Auffindung der um 1200 datierenden Eilenstedter Fragmente noch einmal mehr Bestätigung findet, auch wenn noch nicht entschlüsselt ist: Wer waren die Künstler, wo hatten sie gelernt? Welche Geheimnis birgt die romanische Eilenstedter Kirche St. Nikolai noch? Ihre Baugeschichte reicht jedenfalls bis ins 12. Jahrhundert zurück. Die Wurzeln der Siedlung sind offenbar wesentlich älter. Der Ort wurde zwar 1084 erstmals urkundlich als Eilenstidi erwähnt, als der Bischof Burchard dem Kloster Huysburg eine Schenkung machte. Allerdings wird er hier schon als existierend beschrieben, so dass seine Entstehung weit in das Mittelalter zurückreichen wird. Die Kirche ist den Eilenstedtern ein historischer Schatz. Allein der Bau des Kirchturmes begann wahrscheinlich in den Jahren 825 bis 840 unter Hildegrim, dem 1. Bischof von Halberstadt. Er soll ursprünglich als Wehr- und Wachturm gedient haben. Das Kirchenschiff kam erst viele Jahre später dazu. Im Jahr 1183 wurde die Kirche dem Heiligen Nikolaus geweiht. Die Jahrhunderte seines Bestehens machten umfangreiche Sanierungen erforderlich, nicht alle waren erfolgreich. So musste der Turm in den 90er Jahren des 20. Jahrhunderts noteingerüstet werden. Die baulichen Maßnahmen halfen nichts, so dass im Sommer 1999 die Turmhaube komplett abgenommen werden musste, um dann den Turm selbst abzutragen. Anfang 2013 erfolgte die offizielle Übergabe der neu geschaffenen Winterkirche sowie der Räumlichkeiten im neuen Kirchturm. Der Wiederaufbau des Turmes als kirchlich-kommunale Begegnungsstätte ist eines der wichtigsten Projekte der Leaderregion „Rund um den Huy” in der Förderperiode 2007 - 2013. Die Turmhaube ist noch nicht wieder aufgesetzt. Aber die Eilenstedter werden auch die „Krönung“ des Turms noch schaffen.