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Bergen

Kommende Bergen sicherte „Dienstreisen” von Rittern

Um die Heilige Stadt Jerusalem von islamischen Kriegern zu befreien, folgten seit dem ausklingenden 11. Jahrhundert immer wieder Könige und Ritter dem Ruf der christlichen Kirche und setzten sich zu tausenden gen Osten in Bewegung. Während des 3. Kreuzzugs gründeten Bremer und Lübecker Kaufleute 1190 in Akkon den Deutschritter-Orden zum Schutz von Pilgern und zur Krankenpflege im Heiligen Land. Neben den Templern und den Johannitern war der Deutsche Orden der dritte der großen mittelalterlichen Ritterorden. Ab dem 13. Jahrhundert beteiligte sich der Orden an der Kolonisation slawisch und baltisch bewohnter Gebiete und gründeten hier sogar einen Deutschordenstaat. Um die „Dienstreisen” seiner Ritter in das Heilige Land bestreiten zu können und die Expansionspläne im Baltikum zu sichern, musste der Deutschritter-Orden beträchtliche Geldmittel aufbringen und gründete die sogenannte Kommende. Diese erwirtschafteten aus Landwirtschaft, Pachteinnahmen und Tierhaltung die benötigten Finanzen. So im Herzen der Börde im Ort Bergen, auch heute noch eine der fruchtbarsten Regionen Deutschlands. 1272 kaufte hier der Deutschritter-Orden das Dorf und gründete eine klosterähnliche Niederlassung, die zur Ballei Sachsen gehörte. Bergen selbst fand schon Erwähnung 1093 in einer Schenkungsurkunde. Unter der Herrschaft verschiedener Komturen - den Leitern der Ordens-Niederlassungen - wuchs die Kommende Bergen. Einer der bedeutendsten „Chefs” war 1570 der Landkomtur Johann von Lossow. Er ließ als Ordensverwalter den Rittersitz mit Wohnhaus, Kapelle, Pfarrgebäude, Glocken- und Taubenturm zum Wohn- und Amtssitz ausbauen und wählte Bergen als Sitz des Landkomturs der Ballei Sachsen. Sein Wappenzeichen, einen aufspringenden Luchs, findet man auf einer Kartusche von 1601. Bis zu seinem Tod führte er die Komturei wirtschaftlich erfolgreich. Seine Grabplatte findet man hier in der Kapelle mit der Inschrift „Im Jahre 1605. 26. März starb Der erwürdige, adlige und gestrenge Herr Johann von Lossow Der Ballein Sachsen Landkomtur Seine Seele ruhe in Frieden”. Nach Auflösung des Ordens und wechselnden Besitzern kauften 1869 die Familien Rabbethge und Giesecke das Areal der Kommende. Sie waren weit über die lokalen Grenzen hinaus bekannt für die Züchtung von Zuckerrübensaatgut sowie Zuckerproduktion und errichteten in Bergen ein eigenes kleines Reich des „Zucker-Adels”. 1945 von der sowjetischen Besatzungsmacht enteignet, bekam das volkseigene Gut Seehausen Gebäude und Ländereien übertragen. Die Kommende verschwand in der Bedeutungslosigkeit und musste in den DDR-Jahrzehnten gravierende Substanzverluste hinnehmen. Große Teile der Hofanlage verschwanden durch Abriss in den 1980er Jahren, der Rest verfiel. Als Elisabeth und Walter Kremer 1995 das alte Gut in der Magdeburger Börde entdeckten, lag es versteckt hinter hohen Mauern und einem halb verfallenen Portal. Sein Schicksal schien besiegelt. Die jungen Landwirte aber sahen die Schönheit der verlebten Fassaden, kauften den desolaten Hof und begannen, ein Gebäude nach dem anderen wieder aufzubauen. Mit Erfolg: Die alte Kommende ist aus Ruinen wieder auferstanden und das Dorf Bergen gewann seine Seele zurück. Weihnachten 1999 läutete wieder die alte Gutsglocke, die die Kremers im Magazin des Ummendorfer Museums ausfindig machten. Mit der maßgeblichen Unterstützung der Deutschen Stiftung Denkmalschutz und mit Mitteln aus dem Dorferneuerungsprogramm konnte mit Fleiß in liebevoller Kleinarbeit ein Stück Identität in der Region aufleben. Die wesentliche kulturhistorischen Bedeutung wird unterstrichen durch die Listung der Kommende Bergen im Dehio-Handbuch (Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler). Die Bergener Kapelle besticht durch ihre Klarheit und beherbergt auch an ihrer Nordseite zwei Steinfiguren aus der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts, die wohl Maria und Christus, als Rest einer mittelalterlichen Abbildung des Jüngsten Gerichts, darstellen.