Friedrich von Logau (1605-1655)
Heutige Welt-Kunst
Anders sein und anders scheinen, Anders reden, anders
meinen, Alles loben, alles tragen, Allen heucheln, stets behagen, Allem
Winde Segel geben, Bös- und Guten dienstbar leben; Alles Tun und alles
Tichten Bloß auf eignen Nutzen richten: Wer sich dessen will
befleißen, Kann politisch heuer heißen
Laotse (zwischen 600 u. 400)
Taoteking 17
Herrscht ein ganz Großer, so weiß das Volk kaum, dass
er da ist. Mindere werden geliebt und gelobt, noch Mindere werden
gefürchtet, noch Mindere werden verachtet. Wie überlegt muss man sein in
seinen Worten! Die Werke sind vollbracht,
die Geschäfte gehen ihren Lauf,
und die Leute denken alle: "Wir sind frei."
(aus dem Chinesischen von Richard Wilhelm)
Diese Gedichte
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Erich
Kästners 13
Monate
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Erich
Kästner (1899-1974)
Der Juni
Die Zeit geht mit der Zeit: Sie fliegt. Kaum
schrieb man sechs Gedichte, ist schon ein halbes Jahr herum und fühlt sich
als Geschichte.
Die Kirschen werden reif und rot, die süßen wie
die sauern. Auf zartes Laub fällt Staub, fällt Staub, so sehr wir es
bedauern.
Aus Gras wird Heu. Aus Obst Kompott. Aus
Herrlichkeit wird Nahrung. Aus manchem, was das Herz erfuhr wird,
bestenfalls, Erfahrung.
Es
wird und war. Es war und wird. Aus Kälbern werden Rinder und, weil's zur
Jahreszeit gehört, aus Küssen kleine Kinder.
Die Vögel füttern ihre Brut und singen nur noch
selten. So ist's bestellt in unsrer Welt, der besten aller Welten.
Spät tritt der Abend in den Park,
mit Sternen auf der
Weste. Glühwürmchen ziehn mit Lampions zu einem
Gartenfeste,
Dort wird getrunken und gelacht. In vorgerückter
Stunde tanzt dann der Abend mit der Nacht die kurze
Ehrenrunde.
Am
letzten Tische streiten sich ein Heide und ein Frommer, ob's Wunder oder
keine gibt. Und nächstens wird es Sommer. |